Tag 1 – Mile 0 bis Mile 20
Mittwoch 24.April 2019, Campo bis Lake Morena, total 32 Km gewandert.
Morgens um 6 Uhr wurden wir 26 Hiker, die bei Scout und Frodo in San Diego die letzten Vorbereitungen für den Trail getroffen haben, an den Start in Campo gefahren.
Scout und Frodo, ein pensioniertes Ehepaar und ehemalige PCT Hiker leisten unglaublich viel für die Gemeinschaft. So wurden wir unentgeltlich vom Flughafen abgeholt, durften im Haus und in den zusätzlich im Garten aufgestellten Zelten wohnen, kriegten Frühstück und Abendessen und wurden ausgiebig über den PCT gebrieft.
Die Fahrt dauerte eine gute Stunde. Unsere Fahrerin hiess Ellie, sie hat den PCT in Sektionen innerhalb von 7 Jahren selbst gewandert. Am Start gab es noch das obligate Gruppenfoto und ein Briefing von Leuten aus der PCTA.
Kurz vor acht sind wir dann losgewandert. Sehr schnell hat sich die Gruppe verstreut. Bis Mittag bin ich noch zusammen mit Alastair aus England gewandert, dann haben wir uns aus den Augen verloren. Ich habe 32 Kilometer bis Lake Morena geschafft, was vor allem am Nachmittag in der Bruthitze von Südkalifornien eine Tortur war. Die mitgeführten 4.5 Liter Wasser haben gerade knapp gereicht.
Um 16:30 bin ich zusammen mit Nigel aus Australien auf dem Lake Morena Country Park angekommen. Die PCT Zeltwiese war noch total leer. Im Verlauf des Abends sind noch 8 Zelte dazugekommen, davon war aber nur noch Heather aus New York City aus unserer Startgruppe. Die meisten Hiker brauchen 2 Tage für diesen Abschnitt.
Im nahe gelegenen Maltshop habe ich mir einen Cheeseburger und 2 Biere gegönnt 🙂 Nach der Rückkehr zum Zeltplatz wurde es bereits dunkel und die ersten Moskitos tauchten auf.
Fazit: Der erste Wandertag war sehr anstrengend aber die Natur präsentierte sich von ihrer schönsten Seite.
Tag 2 – Mile 20 bis Mile 42
Donnerstag 25.April 2019, Lake Morena bis Mount Laguna, total 35 Km gewandert.
Ich habe etwas unruhig geschlafen. Mein Zeltnachbar hat die ganze Nacht alle Bäume gefällt und morgens um 4 hat der Truthahn vom Nachbarsgrundstück seine Hühner geweckt. Zelt und Schlafsack waren am Morgen feucht und wurden auch gleich in diesem Zustand verpackt. Zusammen mit Shelly aus Kalifornien bin ich um 06:30 losmarschiert. Bei Mile 25 habe ich Frühstückspause gemacht und gleichzeitig den Schlafsack an der Sonne getrocknet. Nach der Brücke über den Kitchen Creek hab ich Shelly wieder angetroffen. Sie hatte Schmerzen im Schienbein und konnte nicht mehr weiter. Tragisch, da auch ihre Kollegin gestern Abend schon aufgeben musste.
Der restliche Weg bis Mount Laguna war sehr anstrengend. Es ging stundenlang an der prallen Sonne bergauf. Etwa 4 Kilometer vor Mount Laguna habe ich den letzten Schluck vom 4.5 Liter Wasser Vorrat getrunken. Dann hiess es leiden.
Kurz vor 17 Uhr habe ich die Mountain Lodge in Mount Laguna erreicht. Ich konnte gerade noch eine Cabin buchen, ehe sie um 17 Uhr den Laden schliessen. Die Freude auf ein weiches Bett und auf eine Dusche haben meine Schmerzen in den Füssen und Schultern etwas erträglicher gemacht. Zu allem Übel hab ich mir noch den Wolf gelaufen.
Das Ziel von heute war definitiv zu ehrgeizig. Mal schauen, wie es Morgen weitergeht.
Tag 3 – Mile 42 bis Mile 61
Freitag 26.April 2019, Mount Laguna bis Mile 61, total 31 Km gewandert.
Entgegen den Befürchtungen von gestern Abend, waren am Morgen jegliche Schmerzen verschwunden. Da ich im Shop noch Lebensmittel einkaufen musste und dieser erst um 9 Uhr öffnet, konnte ich es mit dem Aufstehen gemütlich nehmen 🙂
Die heutige Route war sehr abwechslungsreich und die schönste bisher. Die Aussicht auf die Anza Borrego Wüste aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln war grossartig. Die Fernsicht war heute super 🙂 und die Lufttemperatur war deutlich unter 30 Grad gesunken, dazu wehte immer ein mildes Lüftchen, einfach perfektes Wanderwetter 🙂
Ich bin einigen PCT Hikern begegnet, die einen Tag früher gestartet sind als ich. Bei diesen Begegnungen gibt es meistens einen kürzeren- oder längeren Schwatz.
Beim Sunrise Trailhead habe ich Wasser aus einer Tiertränke gefiltert und alle Wasserflaschen aufgefüllt. Für die nächsten 27 Kilometer gibt es nun kein Wasser mehr. Eigentlich wollte ich auch gleich dort Zelten, aber es windete recht stark, deshalb entschloss ich mich, noch etwas weiter zu gehen.
Als ich schliesslich einen einigermassen windstillen Platz gefunden- und das Zelt aufgestellt hatte, wurde es bereits dunkel. Den Kartoffelstock zum Nachtessen habe ich im Schein der Stirnlampe gekocht. Ein sehr schöner Tag auf dem Trail geht zu Ende und macht Lust auf mehr.
TAG 4 – MILE 61 bis MILE 81
Samstag 27. April 2019, total 32 Km gewandert.
In der Nacht wehte ein boehiger Wind und das Zelt raschelte ständig. Deshalb habe ich nicht besonders gut geschlafen. Auf dem Trailabschnitt bis Scissors Crossing hatte ich manchmal das Gefühl, durch einen Garten zu wandern. Ueberall, und ist es noch trocken, blühen die Pflanzen.
In Scissors Crossing, dort wo der PCT den Highway 78 unterquert, konnte man bei einem privat betreuten Wasser Cache die Wasserflaschen nachfüllen. Dank geschicktem Einteilen hat der Wasservorrat gerade knapp gereicht. Das nächste Wasser ist morgen erst nach 23 Kilometern erhältlich. Zur Sicherheit laufe ich nun mit 5 Litern Wasser weiter.
Unter der Brücke waren viele Hiker versammelt. Es gab heute Trail Magic – Soda, Bier und Chips 🙂 Auch Heather und Nigel, mit denen ich vor vier Tagen gestartet bin, habe ich dort wieder angetroffen.
Nach einem Bier bin ich dann noch 4 Meilen weiter hinauf in die San Felipe Hills gelaufen.
Zum Wetter: Gestern haben mir 2 Einheimische unabhängig voneinander erzählt, dass es in den nächsten Tagen kühler werde. Heute hatten wir den wärmsten Tag bisher und ich bekam beim Aufstellen des Zelts wegen der trockenen Luft Nasenbluten, das fast nicht zu stoppen war 🙁
TAG 5 – MILE 81 BIS MILE 101
Sonntag 28. April 2019, total 32 Km gewandert.
Es war eine windige Nacht und ich habe etwas unruhig geschlafen. Trotzdem fühlte ich mich am Morgen ausgeschlafen und bereit für weitere 20 Meilen. Ich bin kurz nach 7 Uhr losgelaufen. Einige Seitentäler der San Felipe Mountains lagen noch im Schatten.
Der gut ausgebaute Weg führte hinauf und dann wieder hinunter, immer unterhalb der Krete. Die Aussichten, die Flora und Fauna waren einmalig und ich musste einige Male einfach stehenbleiben um das Erlebte einwirken zu lassen.
Bei Meile 91 gab es ein Wasser Cache und erst dort bin ich den ersten Hikern am heutigen Tag begegnet. Auf den übrigen Trailabschnitten war ich meist allein unterwegs. Nach 17 Uhr habe ich den 100 Mile Marker passiert: 100 Meilen in 5 Tagen, mit dieser Leistung bin ich sehr zufrieden. Bei der Montezuma Valley Road gab es einen Brunnen mit sauberem Wasser, dort hab ich zusammen mit etwa 20 anderen Hikern das Zelt aufgestellt.
TAG 6 – MILE 101 BIS MILE 110
Montag 29. April 2019, total 14 Km bis Warner Springs gewandert.
In der Nacht hat es leicht geregnet. Weil ich das Zelt deshalb ganz schliessen musste, gab es am Morgen relativ viel Kondenswasser und der Schlafsack war ganz feucht. Ich bin kurz nach 7 losmarschiert. Es wehte ein kühler Wind und es regnete leicht.
Die Landschaft hat sich schlagartig verändert. Man hatte das Gefühl, in der Prärie von Nord Dakota zu wandern. Trotz oder auch wegen des Regens und den tiefhängenden Wolken war die Atmosphäre sehr gegensätzlich zu den vorangehenden Tagen.
Ich habe unterwegs ein Zimmer in der Warner Springs Ranch reserviert, denn auf eine feuchte und kühle Nacht im Zelt hatte ich absolut keine Lust. Die Nachricht, dass Nani wieder ins Spital musste, hat mir einen moralischen Dämpfer versetzt. Der lebhafte Betrieb im Warner Springs Community Center konnte mich etwas davon ablenken. Um 15 Uhr bin ich zur Ranch hochgelaufen und habe eingecheckt. Es folgte eine ausgiebige Dusche und danach wurde die Wäsche gemacht.
Zum Glück konnte ich mich nachher telefonisch mit Daniela austauschen, was uns beiden sehr gut getan hat. Eigentlich habe ich mich mit ein paar anderen Hikern zum Dinner im Golf Grill verabredet, da aber das Restaurant geschlossen hatte, mussten wir uns zum Nachtessen mit Hotdogs und Bier von der Tankstelle begnügen.
Danach habe ich noch etwas am PCT Blog gebastelt und schreibe zum Abschluss an diesen Bericht. Gefühlsmässig war dieser Tag eine absolute Berg und Talfahrt 🙁 🙂
TAG 7 – MILE 110 Warner Springs bis Mile 132
Dienstag 30. April 2019, total 35 Km gewandert.
Die Nacht im weichen Bett des Ranch Resorts war herrlich. Leider waren die Wandersocken am Morgen immer noch nass. Ich habe eine halbe Stunde probiert, die Socken an der Heizung zu trocknen, aber es hat nichts gebracht. So bin ich halt den ganzen Tag in den dünnen Schlafsocken gewandert.
Nach einem Kaffee an der Tankstelle bin ich losgezottelt. Am Dorfrand kam ich an der uralten Kapelle von 1820 vorbei, die man auch von innen anschauen durfte. Der Weg führte zuerst dem Agua Caliente Creek entlang und stieg dann langsam an. Es wahr den ganzen Tag bewölkt und in den höheren Lagen blies ein eisiger Wind. Da es gestern noch geregnet hatte, blühten vielerorts die Pflanzen in allen Farben. Ich hatte manchmal das Gefühl, in einem endlosen Garten zu wandern.
Kurz vor dem Eindunkeln habe ich bei Meile 132 das Zelt aufgestellt. Ich war ziemlich erschöpft und habe etwas gefroren. Nach einer zünftigen Portion Cheese Teigwaren und einer Trockenwurst zum Dessert geht es mir schon wieder besser 🙂
🙂 Nun habe ich in 7 Tagen bereits 212 Km zurückgelegt 🙂 🙂 🙂